Gut zu wissen

Obstbaumveredelung (Okulation)


In diesem Video zeigen wir ihnen wie unsere Obstbäume veredelt werden

1. Obstsorten

Obstbaumsorten sind uralt. Viele von ihnen stammen von Kreuzungen verschiedener Wildarten ab (von Malus sylvestris dem Holzapfel; oder Malus pumila dem Zwergapfel) Schon Griechen und Römer kannten eine große Sortenvielfalt. Vorhandene Sorten lassen sich nicht durch Aussaat vermehren. Sie sind „spalterbig“. Aus jedem Samen entsteht eine neue Sorte. Das führt über eine Selektion (Auswahl) und Züchtung (Kreuzung) zu der großen Anzahl von Sorten. Die einzelne Sorte kann nur durch Veredelung vermehrt werden. Es gibt also Mutterbäume von Obstsorten oder Mutanten, auf die alle Sorten oder Mutanten zurückgeführt werden können. Ob es eine Sortenlebensdauer gibt ist unbekannt.

Ein Obstbaum besteht im Regelfall aus zwei verschiedenen Bäumen, der Unterlage und der Veredelung

1) Unterlage: (schwach oder stark von M9 über MM106 bis zum Sämling)
• Aussaat (generativ)
• Abriss (vegetativ)

2) Veredelung (Edelsorte)
• Mit speziellem Geschmack, Wuchseigenschaften und Empfindlichkeiten

Veredelungsmethoden
• Okulation
• Kopulation
• Und diverse andere wie Pfropfen oder Anschäften und Anplatten

Unverträglichkeiten

• Schwache Unterlage – starke Sorte
• Starke Unterlage – schwache Sorte

2. Obstbäume und ihre Gestalt

Wie sich ein Obstbaum entwickelt, hängt vom Standort, von den Sorteneigenschaften und von seiner Lebensgeschichte ab. Er ist immer Teil einer Pflanzengesellschaft und er mag keine Nachfolger.

Der Obstbaum ist eine Kulturform und entwickelt sich mit den zielgerichteten Eingriffen der Menschen. Diese Eingriffe können verschiedene Ziele und Zwecke haben. Es ist möglich:
• viele wohlschmeckende Früchte, zum direkten Essen oder zur Verwertung zu erzeugen;
• einen schönen großer Baum, als Hausbaum oder zum Klettern zu erziehen;
• einen kleinen Baum, dessen Früchte gut erreichbar sind anzupflanzen

Lebensphasen des Obstbaumes

1. Baumschule
• Anzucht
• Jungbaum

2. Endstandort
• Jungbaum in der Erziehungsphase
• Baum im Vollertrag
• Abtragender Baum
• Vergreisung

Die Eingriffe in den verschiedenen Lebensphasen prägen seine Gestalt

Verschiedene Gestalten sind möglich:
• Busch oder Spindel
• Halbstamm oder Niederstamm
• Hochstamm
• Formobst oder Spalierbaum

Beispiel einer Obstbaum-Lebensgeschichte
F2003 Pflanzung der Unterlage
S2003 Okulation (Veredelung)
F2004 Abwurf und Wildern der Unterlage
H2004 Anschnitt der 1 jährigen Veredelung
H2005 Busch oder Halbstamm (H2006 Hochstamm)
H2005 Pflanzung mit Pflanzschnitt an den Endstandort
H2007 /8 1.Erziehungsschnitt
H2009/10 2.Erziehungsschnitt

Ertragsbeginn

Der Ertragsbeginn hängt von der Kombination zwischen Unterlage und Edelsorte ab. Im Regelfall tragen Bäume auf schwachwachsenden Unterlagen früher – werden aber nicht so alt wie Bäume auf starkwachsenden Unterlagen (wie Sämlinge), die auch länger im Vollertrag stehen.

3. Obstbaumschnitt

Der Schnitt dient dem Herausarbeiten der potentiellen oder vorhandenen Baumgestalt in einer Lebensphase um den Ertrag und die Fruchtqualität zu verbessern.
Es gibt viele Ansichten zum Schnitt der Obstbäume, sie sind widersprüchlich zum Teil gegensätzlich.

Dabei ist der Schnitt eigentlich relativ einfach, wenn einige Grundsätze berücksichtigt werden.
Die Wahl der Schnittziele und -methoden hängt von 3 Faktoren ab,
• den eigenen Zielen – welche Funktion soll der Baum haben?
• der Wuchsform und der Unterlage
• dem Baumalter
Gut ist es außerdem, wenn man weiß, wie der Baum auf Schnitteingriffe reagiert.

Eigene Ziele
Welche der möglichen Varianten des Obstbaumes soll es sein: ein Kletterbaum, ein Hausbaum oder doch lieber ein reiner Ertragsbaum? Für die meisten Obstliebhaber gilt, dass sie gute und arttypisch große Äpfel haben wollen. Dann ist es sinnvoll einen Baum mit einer lockeren luft- und lichtdurchlässigen Krone zu haben.
Wenn es dazu noch ein schöner Baum sein soll, dann kommt nur ein extensiver Schnitt in Frage, der die vorhandene Wuchsform herausarbeitet.
Wuchsformen eines Obstbaumes
• Durchgehender Leittrieb
• Hohlkrone aus gleichberechtigten Stämmlingen
Wachstum des Baumes
• Innerhalb des Baumes herrscht Konkurrenz zwischen den Ästen
• Kennzeichen der Konkurrenz
o Nach einem Ast- oder Zweigabgang ist der Stamm oder die Verzweigung merklich dünner

Schnittziele
1. Eigenart des Baums herausarbeiten
• Leittrieb oder
• Hohlkrone
2. Beseitigung der Konkurrenztriebe um ein
• gleichmäßiges lockeres Kronengerüst mit Leittrieb oder Hohlkrone herauszuarbeiten mit
• eindeutigen, untergeordneten Ästen (Fruchtetagen) mit näherungsweise waagerechtem Astwinkel und
• viel Licht im inneren der Krone
dazu sollten
• alle nach innen wachsenden Äste oder Zweige entfernt werden
• alle Äste und Zweigen frei stehen ohne sich gegenseitig zu berühren
• alle Äste gleichgewichtig Schnitt rund um den Baum geschnitten werden
3. Baumalter
• Pflanzschnitt (Jungbaum)
o scharfer Schnitt (70% des Triebes entfernen)bewirkt die Entwicklung von wenigen Neutrieben, die später Leitäste werden können, außerdem wächst der Baum besser an.
• Erziehungsschnitt zur Entwicklung von Fruchtetagen (Jungbaum)
o kurzer Schnitt (10% des Triebes abschneiden), damit sich viele kurze Neutrieb entwickeln
• Auslichtungsschnitt (Ertragsbaum)
• Verjüngungsschnitt (alter oder vergreister Baum)
Schnittgesetze
• Scharfer Schnitt (60-70%)– wenige lange Triebe
• Kurzer Schnitt (10-20%) – viele kurze Triebe
Schnittmethoden
• Extensiver Schnitt, vom groben zum feinen mit möglichst wenigen Schnitten
• Ableiten und umlenken auf einen Ast oder Zweig
• Anschneiden mit Umlenken auf ein Außenauge
• Erhalt der Fruchtknospen

Schnittfehler
• Huthaken
• Verschlussmittel
• Abreißen beim Schnitt (Aufreißen der Rinde)

Materialien
Ein Pflanzschnitt erleichtert das Anwachsen der Gehölze. Alle Sträucher und Bäume ohne Ballen oder Container werden vor der Pflanzung geschnitten. Beim Roden (Herausnehmen des Baumes aus der Anzuchtfläche) wird die Wurzelmasse geringer. Um diesen Verlust auszugleichen und die Verdunstung durch die Blätter im ersten Standjahr zu reduzieren, wird etwas mehr als die Hälfte der Kronenmasse (ca. 60 %) entfernt.

Kronenaufbau: Bis auf den Leittrieb und 3-4 Seitenäste, die möglichst weit auseinander stehen sollten, werden alle Zweige direkt am Stamm entfernt. Die verbliebenen Äste werden um die Hälfte eingekürzt. Dabei wird der Zweig direkt über einem nach außen zeigenden Blattauge mit einer scharfen Schere abgeschnitten. Der Leittrieb wird ungefähr um ein Drittel zurückgenommen. Dabei ist darauf zu achten, dass direkt über einem Auge geschnitten wird, das über der gedachten Stammverlängerung liegt.
Ein Wurzelschnitt ist erforderlich, wenn es einzelne Wurzeln gibt, die im Verhältnis zu den anderen Wurzeln zu lang sind, oder deren Ende ausgefranst ist, oder wenn einzelne Wurzeln verletzt sind. Ein leichtes Zurücknehmen der Hauptwurzeln erleichtert dem Baum die Neubildung von Wurzeln.

Pflanzung
Der Baum wird in eine vorbereitete Pflanzgrube – deren Umfang etwas doppelt so groß wie der Wurzelumfang sein sollte – gesetzt. Dabei muß darauf geachtet werden, dass der Baum nicht zu tief gepflanzt wird. Die obersten Wurzeln dürfen nur soeben mit Erde bedeckt werden. Auf keinen Fall darf die Veredelungsstelle im Boden stehen. Der Baum erhält eine Baumpfahl, der unterhalb des Kronenansatzes endet und wird z.B. mit Kokos angebunden. Nachdem ein ungefähr 10 cm hoher Gießring rund um den Baum geformt wurde, wird er angegossen, damit die Wurzeln direkten Erdkontakt haben und frische Wurzeln bilden können.

Pflege im ersten Jahr
Der Baum sollte besonders in Trockenphasen regelmäßig gegossen werden. Als Faustregel reichen dabei alle 14 Tage ungefähr zwanzig Liter pro Baum.
In Obstsortenbeschreibungen wird auf einzelne Empfindlichkeiten der Obstsorten hingewiesen. Wenn sie ihren Baum im Laufe des Jahres beobachten, können Sie recht schnell erkennen, ob Wuchsprobleme oder Krankheiten auftreten. Ihre Baumschule wird sie dann beraten und Ihnen mögliche ökologische Pflegemittel empfehlen. Eine gute Lektüre für den Hausgarten ist ein Buch von O.Schmid/S.Henggeler, „Biologischer Pflanzenschutz im Garten“ erschienen im Wirz Arau Verlag
Bei extensiver Gartenpflege erhält der Baum nach dem zweiten Standjahr den ersten Erziehungsschnitt. Dabei werden alle Zweige, die nach innen wachsen, entfernt. Man erhält die Hauptäste und entfernt die Konkurrenztriebe. Eine Konkurrenzsituation erkennen Sie daran, dass ein Ast oder Zweig nach einer Verzweigung merklich dünner ist, als vor der Verzweigung.
Ein Sommerschnitt Ende August bis Mitte September ist vor allem bei Zwetschen, Pflaumen und Kirschen zu empfehlen. Aber auch bei Apfel und Birne verheilen die Schnittwunden zu diesem Zeitpunkt besser, als nach einem Schnitt gegen Winterende.
In jungen Baumjahren reicht es, wenn man diesen Schnitt alle zwei Jahre wiederholt.

Düngung
Zuviel – vor allem leichtlöslicher mineralischer – Dünger schwächt den Obstbaum und führt zu einem Faden Geschmack der Früchte. Besser ist es, den Baum nicht direkt zu düngen, sondern die Fruchtbarkeit des Bodens zu verbessern. Dazu helfen ein – in Maßen – gestreuter und leicht eingearbeiteter ausgereifter, vererdeter Kompost. Auch Steinmehl ist nützlich, wenn nicht nach dem Motto verfahren wird „Viel hilft viel“. Solange der Baum wüchsig ist – erkennbar an langen einjährigen Trieben, sollte die Bodenfruchtbarkeit höchstens alle zwei Jahre mit Kompost oder Steinmehl verbessert werden.

Einige Beispiele zur Vielfalt der Meinungen zum Obstbaumschnitt

Zum Schnittzeitpunkt
Schneiden im Sommer (ab Mitte August) wirkt beruhigend (=triebhemmend) auf den Baum, Schneiden im Winter (während der Wachstumsruhe) wirkt triebfördernd
-> www.coforum.de/index.php4?ObstbaumSchnitt

Nachwinterschnitt ( ab Mitte Februar / Anfang März )
– günstig für starkwüchsige Bäume, die in ihrem Wachstum gebremst werden sollen
Vorwinterschnitt ( November / Dezember ):
– geeignet für schwachwüchsige Bäume, die kräftiger werden sollen
-> www.muenster.org/ketteler/wann.htm

Im allgemeinen gilt: Ein Rückschnitt im Herbst bewirkt
einen stärkeren Neuaustrieb als das Schneiden im Spätwinter.
-> www.lwg.bayern.de/gartenakademie/infoschriften/obst/linkurl_0_0_0_15.pdf

Zum Fruchtholz
Äste, die senkrecht wachsen, tragen nicht besonders viele Früchte. Optimal ist ein Winkel von ca. 35° zwischen Ast und Ebene
-> www.hausgarten.net

Die Leitäste sollten in einem Winkel von etwa 45° zur Stammverlängerung stehen.
Grundsätzlich gilt: steil stehendes Holz ist Gerüstholz, waagerechtes Holz ist Fruchtholz.
-> www.biozac.de

Wachsen die Leittriebe zu steil nach oben (optimal sind 45-80°), kann man diese in den ersten 3 Jahren abspreizen (im Sommer, weil dann die Triebe elastischer sind!).
-> www.stmlf-design2.bayern.de